Anlässlich der Heilig Rock-Wallfahrt von 1655 veröffentlichte der Kupferstecher Johan Eckhard Löffler ein großformatiges Blatt, das ein anschauliches Bild von der Weisung der Domreliquien auf dem Domfreihof zeigt. Wegen seiner Anschaulichkeit soll es hier besprochen werden, obwohl es sich nicht im Domschatz, sondern im Museum am Dom befindet.
Spätestens seit dem 14. Jahrhundert waren Wallfahrten zu einem Massenphänomen geworden. Im frühen und im hohen Mittelalter konnten die Pilgerströme zu den Gräbern der Heiligen im Kircheninnern (Apostelgrab in Sankt Matthias) oder durch die Krypten der Kirchen (Sankt Maximin, Sankt Paulin) geleitet werden.
Bei der Größe der Pilgerscharen des 14. bis 16. Jahrhunderts war dies nicht mehr möglich. In Aachen und im benachbarten Korneliemünster, in Maastricht, aber auch in Sankt Matthias schuf man Möglichkeiten, die Reliquien von einem erhöhten Standort an der Fassade der Kirche der Menschenmenge auf dem Vorplatz zu zeigen.
Nachdem in Trier 1512 der Heilige Rock erhoben wurde, besuchten innerhalb weniger Wochen um die 100.000 Menschen die Reliquie. Im folgenden Jahr errichtete man an der Westapsis des Domes eine Holztribüne, um den Heiligen Rock, aber auch den Petrusstab und andere Reliquien des Trierer Domschatzes zu zeigen. Der Kupferstich von 1655 lässt die auf Holzbalken ruhende Konstruktion genau erkennen. Sie ist mit kostbaren Tüchern verhüllt, vorne hängt ein wertvoller Teppich herab.
Zwei Domvikare präsentieren den auf eine Holzplatte gehefteten Heiligen Rock. Rechts erläutert der wortgewaltige Domprediger, der Jesuitenpater Cornelius Luttinghausen, den Pilgern das Programm der Heiltumsweisung. Daneben steht ein Domherr, der ein Kreuzreliquiar und den Heiligen Nagel hält. Auf der linken Seite erteilt Erzbischof Karl Kasper von der Leyen (1652 bis 1676) den Pilgern die Absolution. Hinter den Geistlichen stehen mehrere Männer mit Fackeln.
Eine dicht gedrängte Menschenmenge bevölkert den Domfreihof, neben Bürgern sind auch Jakobuspilger und Geistliche verschiedener Orden zu erkennen. Eine Absperrung, die von kurfürstlichen und städtischen Soldaten bewacht wird, hindert sie daran, den Dom zu stürmen.
Autor: Prof. Dr. Wolfgang Schmid