Der 1867 Bischof Matthias Eberhard geschenkte neogotische Kelch greift auf die Formenwelt des Mittelalters zurück, um an die große Zeit der Trierer Kirche zu erinnern.
Da dem Kelch in der Messfeier eine zentrale Bedeutung zukommt, wurden bei den Goldschmieden zahlreiche dieser liturgischen Gefäße in Auftrag gegeben, die häufig einem Geistlichen von seiner Heimatgemeinde oder aus einem besonderen Anlass als Geschenk überreicht wurden. Als Matthias Eberhard 1867 zum Bischof von Trier gewählt wurde, ließ der Trierer Klerus einen Kelch anfertigen, der ihm zu seinem Amtsantritt übereicht wurde.
Der 23 cm hohe Kelch besteht der Tradition entsprechend aus einem Fuß, einem Knauf und einer Schale. Der sechspassige Fuß zeigt auf sechs Medaillons Szenen der Heilsgeschichte: Die Verkündigung an Maria, die Geburt Christi, die Anbetung der Könige, dann die Kreuzigung, die drei Frauen am Grab und Christus als Weltenrichter.
Die Reliefs erinnern an Vorbilder des 14. Jahrhunderts. Zwei sechskantige Zwischenstücke bilden den Schaft, auf dem der Knauf sitzt, der ein sicheres Halten des Kelches ermöglichen sollte. Der durchbrochene Knauf ist aus Blattwerk und edelsteingeschmückten Vierpässen zusammengesetzt. Die untere Hälfte der Schale wird von Weinlaub und einem emaillierten Inschriftenband unterfangen, aus dem die polierte obere Hälfte der Schale herausragt.
Mit August Witte und Reinhold Vasters gehörte Hubert Martin Vogeno (1821 bis 1888), dessen Stempel der Kelch trägt, zu den bekanntesten Aachener Goldschmieden des Historismus. Hatte sein Vater vor allem neoklassizistische und neobarocke Arbeiten geschaffen, so spezialisierte sich der Sohn auf neogotische Werke.
Neben Trier waren Aachen und Köln wichtige Zentren der Goldschmiedekunst des 19. Jahrhunderts in der überwiegend katholischen preußischen Rheinprovinz.
Autor: Prof. Dr. Wolfgang Schmid