Im Grab des Erzbischofs Heinrichs von Finstingen fand man die Krümme eines Bischosfstabes, der neben Mitra, Ring, Siegel und Brustkreuz zu den Attributen bischöflicher Macht zählte.
Könige des Mittelalters brachten durch Kronen, Ritter durch Rüstung und Geistliche durch ihren Habit ihre Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stand zum Ausdruck.
Die Inhaber geistlicher und weltlicher Ämter benutzten zudem Zeichen, die ihre rechtmäßige Wahl und Einsetzung deutlich machten. So gehörte zur Kleidung eines Bischofs neben seinen liturgischen Gewändern der Bischofsring, ein Siegel, ein Brustkreuz und ein Bischofstab. Nach dem Tod eines Bischofs hat man sein Siegel zerbrochen, Ring und Krummstab wurden ihm dagegen häufig als Grabbeigaben in den Sarg gelegt.
Unter den Insignien kommt den Bischofsstäben eine besondere Bedeutung zu. Sie bestehen in der Regel aus einer Krümme aus Silber oder Kupfer, die auf einen ca. 1,50 Meter langen Holzschaft gesteckt wird. Eine ganze Reihe solcher Krümmen, die zudem die verschiedenen Epochen der Kunstgeschichte repräsentieren, ist im Domschatz zu besichtigen.
Die Bischofsstäbe lassen sich von den Langszeptern antiker Imperatoren ableiten, aber auch vom Stab des Hirten; hinzu kommt eine Funktion als Richterstab, als Zeichen ihrer geistlichen und weltlichen Rechtssprechung.
Im Grab des Erzbischofs Heinrich von Finstingen (1260 bis 1286) wurde 1851 von Domkapitular Johann Nikolaus von Wilmowsky die Krümme eines Bischofstabes gefunden. Sie besteht aus Kupfer und ist mit Email geschmückt und vergoldet. Die 28 cm lange Krümme ist aus Limoger Email gefertigt. In der südwestfranzösischen Stadt wurden im 12./13. Jahrhundert zahlreiche Werke mit diesem blauen Email für den ganzen europäischen Raum hergestellt.
Auf der mit romanischen Ranken verzierten Stabhülse sitzt ein durchbrochener Knauf, der aus sich windenden Ungeheuern mit langen Schwänzen und Blumenranken besteht. Darüber ist eine gekrönte Figur angebracht, die Flügel trägt, ein Buch hält und eine Krone auf dem Haupt trägt. Kleine Emailtropfen imitieren Edelsteinschmuck.
Es handelt sich wohl um eine Unheil abwehrende Gestalt. Über der Krone erhebt sich die mehrfach gewundene, mit Krabben besetzte und mir Ranken verzierte Krümme, die durch Stege und die Flügel stabilisiert wird. Sie mündet in den Kopf eines Drachen, der die Zunge herausstreckt; die ganze Krümme ist so als Körper bzw. Schwanz eines Drachen zu deuten.
Das populäre Fabeltier galt im Mittelalter z. B. als Symbol urwüchsiger Stärke und des Bösen, das durch die Gestalt mit den Flügeln bzw. den Bischof gebändigt werden mußte.
Autor: Prof. Dr. Wolfgang Schmid